Podcast & Transkript zum Thema „Werbepsychologie“ 

Podcast-Werbepsychologie

Einleitung:

Liebe Zuhörerinnen, lieber Zuhörer, hallo und herzlich willkommen zur ersten Episode der Podcast Reihe Werbepsychologie in Theorie und Praxis. Mein Name ist Larissa, und ich möchte dir zusammen mit ein paar Experten einen sehr bedeutenden Teil der Werbung und Vermarktung näherbringen, nämlich die Werbepsychologie.  

Der gesamte Podcast soll dazu dienen, die sowohl theoretischen Grundlagen der Werbe- und Konsumentenpsychologie zu vermitteln als auch praktische Einblicke in das spannende Feld der Werbekommunikation zu geben. So wird dein Know-how zum klassischen Marketing und Online-Marketing optimal ergänzt, da der psychologische Hintergrund zu menschlichem Verhalten einen wirklich wichtigen Teil und Inhalt des Ganzen darstellt, der bisher leider zu wenig Beachtung gerade in der Praxis findet.  

Zuerst stelle ich dir einige wissenschaftliche und praxisorientierte Definitionen von Spezialisten vor. Du bekommst außerdem einen Eindruck davon, womit sich die Werbepsychologie befasst, worin ihr Anwendungsgebiet liegt, wie sich das Konsumentenverhalten in den letzten Jahren verändert hat und welche Herausforderungen daraus für die Werbung und das Marketing entstehen.

Zunächst befassen wir uns mit einigen Werbewirkungsmodellen, die ich Dir vorstellen werde, um anschließend herauszufinden, wie Menschen mit Werbung erreicht werden. Auch dazu befrage ich meine Experten, welches Werbewirkungsmodell aus ihrer Sicht am sinnvollsten ist und das Kaufverhalten überzeugt.

Abschließend geben wir dir ein Fazit für die künftige Bedeutung der Werbepsychologie, besonders für die Anwendung in Marketing und Kommunikationsabteilungen von Unternehmen. 

Definition des Begriffes "Werbepsychologie" 

Wir starten nun erstmal mit den Definitionen entspannt ins Thema. Der Begriff Werbepsychologie setzt sich aus den Wörtern Werbe und Psychologie zusammen, die in einem engen Zusammenhang miteinander stehen.

Laut Georg Felser hat die Werbung das Ziel, das Beworbene attraktiv erscheinen zu lassen. Ebenso liegt die Aufgabe der Werbung darin, das Verhalten von Menschen insoweit zu beeinflussen, dass die Nachfrage zu einem Produkt oder einer Dienstleistung steigt.

Die angewandte Psychologie von Staudinger definiert als „die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen“, erforscht hierbei in Bezug auf die Werbung nicht nur das menschliche Verhalten an sich, sondern auch die Beweggründe, die zu einem bestimmten Verhalten führen.

Fassen wir jetzt diese zwei Begriffe zusammen, erhalten wir folgende Definition. „Die Werbepsychologie befasst sich mit der Erforschung der Werbewirkung auf das Verhalten und Erleben der potenziellen Konsumierenden. Es geht also darum, den werblichen Kaufprozess in Bezug auf Erleben und Verhalten zu analysieren“

Vorstellung der Expertenrunde

In der heutigen Episode sind als Experten und Interviewte anwesend Frau Friederike Baum, Frau Christine Stamatis und Herr Martin Heubel, ich heiße sie alle in diesem Sinne herzlich willkommen und freue mich sehr über Ihre Anwesenheit, trotz der schwierigen Umstände der bestehenden Covid-19 Situation. 

Frau Stamatis: Vielen Dank für die Einladung. 

Ich bedanke mich ebenfalls und werde Ihnen nun nacheinander Fragen stellen, damit ihr liebe Zuhörer:innen einen Einblick und Wissen aus erster Hand bekommt, angefangen bei Frau Baum.  Sie ist Diplom-Psychologin und angestellte Dozentin für Werbepsychologie. Ich frage Sie, wie Sie persönlich den Begriff Werbepsychologie definieren würden. 

Wie definieren sie den Begriff "Werbepsychologie" ? 

Frau Baum: Meine Lieblingsdefinition von Werbepsychologie ist aus dem Buch Markt- und Werbepsychologie von Hans Mayer und Tanja Illmann und lautet: Werbepsychologie erforscht die Wirkung von Werbung auf das Erleben und Verhalten von Konsumenten, indem sie sich mit den Effekten oder Konsequenzen von Werbung und ihrer Gestaltung auseinandersetzt

Frau Stamatis, die ebenfalls Diplom Psychologin und Geschäftsführerin von GoVersity, einem privaten Studienzentrum ist, gibt uns nun ihre Erläuterung des Begriffes der Werbepsychologie. 

Frau Stamatis: Werbepsychologie sehe ich als einen Teilbereich der Wirtschaftspsychologie. Also hier geht es um die Wirkung von Werbung auf das Erleben, oft auch auf das Verhalten des Käufers. Dazu gehören beispielsweise Wirkungen auf die Kaufmotive und auch auf Kaufentscheidungsprozesse. Also warum wähle ich ein bestimmtes Produkt aus oder auch nicht. Und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle. 

Ebenfalls in der Expertenrunde sitzt Herr Martin Heubel. Er war bereits im Marketing bei Bayer und ist Autor einiger Beiträge zum Thema Marketing Management und Business Development.  Herr Heubel , wie würden Sie denn den Begriff der Werbepsychologie beschreiben werden? 

Herr Heubel: Die Werbepsychologie definiert sich für mich als ein Teilgebiet der Psychologie, welche sich mit dem Marketing überschneidet. Also das beutetet, wie verhalten sich Konsumenten und wie treffen sie Kaufentscheidungen, nachdem sie einer gewissen Werbebotschaft ausgesetzt worden waren.  

Und das wird dann relativ schnell sehr spannend, da man dabei natürlich, auch mit der digitalen Werbung über soziale Kanäle ganz gezielt gewisse Kunden und Konsumentengruppen ansprechen kann. Man vollzieht dadurch nicht nur eine Meinungsbildung beim Kunden, sondern schafft es gewisse Assoziationen mit einer Marke hervorzurufen, die sich dann ganz klar im Kaufentscheidungsverhalten der Konsumenten widerspiegeln. 

Die Definitionen von Frau Baum, Frau Stamatis und Herrn Heubel sind sich im Kernpunkt einig. Es geht um die Wirkungsforschung von Werbung, in Bezug auf das Erleben und Verhalten von Verbrauchenden.  

Wo genau findet die Werbepsychologie ihren Einsatz ?

Frau Baum: Ich finde, das ist eine sehr gute Frage. Dafür gibt es keine genaue Vorschrift.  

Ich würde mir wünschen, dass das in der Praxis Werbepsychologie immer zum Einsatz kommt, wenn Werbung oder Marketingmaßnahmen geplant oder gestaltet werden.  

In der Praxis muss das aber ja nicht zwangsläufig so sein. Es gibt eben viele Berufe, die sich mit diesem Thema befassen.  

Also insofern finde ich es sehr löblich und wünschenswert, wenn werbe psychologisches Wissen eben vielfältig vermittelt und angewendet wird, auch im Rahmen der Kommunikationswissenschaften oder im Rahmen von Marketing.  

Was würden Sie denn auf die Frage zum Einsatzgebiet der Werbepsychologie antworten, Frau Stamatis? 

Frau Stamatis: Im Marketing, beispielsweise in Werbeagenturen, dort kommt Werbepsychologie zum Einsatz, also wo es darum geht, wie ich ein Produkt optimal bewerbe und auch verkaufe. Aber auch in Produktentwicklung und Produktgestaltung, also welchen Einfluss haben bestimmte Produktmerkmale wie Farbe, Form oder auch der Name möglicherweise auf die Zielgruppe. Marktforschung fällt mir noch ein als ein Einsatzgebiet, da geht es ja eher darum, mehr herauszufinden über Kundenbedürfnisse und auch die Einstellungen. Die Marktforschung gibt uns dann auch wertvolle Hinweise für Innovation oder auch für Produktentwicklungen.  

Genau wie sie gerade erwähnten, sieht auch der Autor Georg Felser eine zentrale Funktion von Werbepsychologie im Bereich der Marktforschung, wenn wir nun den Bereich der Marktforschung in Bezug auf Werbung aufgreifen, wäre auch die Untersuchung des Verbraucherverhaltens und dessen Entwicklung relevant.  

Wie hat sich Ihrer Einschätzung nach das Verhalten der Konsumenten in den letzten zehn Jahren verändert?

Frau Stamatis: Ja, das ist auch eine sehr interessante Frage, wenn man sich vor Augen hält. Wie sah denn unser Alltag vor zehn Jahren aus, wird man ehrlich gesagt eher so technologisch geprägte Veränderungen feststellen.  

Damals standen wir noch ganz am Anfang der mobilen Revolution. Smartphones gab es zwar schon, aber die waren natürlich viel weniger verbreitet und damit natürlich auch die Nutzung von sozialen Medien.  

Diese gab es zwar auch schon mit Facebook und Co, aber dieses Ausmaß, was gerade heute auch die Nutzung von Social-Media als Werbeplattform angeht, hat sich ja in den letzten Jahren massiv verstärkt.  

Man kann eigentlich einen klaren Trend in Richtung Online-Marketing und auch damit zu online Konsumverhalten erkennen. Auch ältere Menschen kaufen vielmehr online ein, als es vor zehn Jahren der Fall war und deswegen haben auch klassische Kaufhäuser oder Einzelhändler stark an Bedeutung verloren.  

Wir sind es absolut gewohnt, dass wir eigentlich direkt immer über das Handy den besten Preis eines Produkts bekommen. Was ich auch sehe, ist eine deutlich höhere Interaktion zwischen Konsumenten und Unternehmen. Zum Beispiel können Firmen heute, wenn sie das digitale Marketing nutzen, viel genauer messen, welche Werbemaßnahme wirkt. Im Detail bedeutet das, wie oft wurde geklickt, wie lange hat sich der Interessent damit beschäftigt oder wie viel Zeit ist zwischen der ersten Recherche bis zum Kauf vergangen. Das war vor zehn Jahren, zumindest in der Form, auch noch nicht so stark der Fall.  

Frau Baum: Das Verhalten der Konsumenten hat sich meines Erachtens in den letzten zehn Jahren kaum geändert, sondern was sich geändert hat, ist die Umwelt. Und in der Psychologie geht es ja immer um das Verhältnis von der Umwelt einerseits zu den innerindividuellen Vorgängen, andererseits.  

Also diese Frage, was ist Umwelt und was ist sozusagen angeboren oder genetisch bestimmt oder eben individuell bestimmt, ist ja auch immer eine ewige Frage in der Psychologie. Also besonders die Umwelt hat sich in den letzten zehn Jahren massiv geändert und ein ganz großer Faktor, den man da berücksichtigen muss, ist eben der ganze Stress sozusagen, der auch mit durch die Smartphones verursacht wird.  

Dadurch, dass wir ununterbrochen mit Informationen überflutet werden, in jeder Situation, in jeder freien Minute. Mehr als wir verarbeiten möchten und können in einem gegebenen Zeitraum, das setzt halt sehr viele Leute sehr unter Druck und macht eben unsere Aufmerksamkeit zu einer besonders raren Ressource und erfordert von uns eben auch bewusste Entscheidung und Konzentration.  

Das macht das Thema Werbekommunikation sehr viel komplizierter noch als früher, denn man muss sich bewusst machen, dass werbliche Kommunikation ja im Grunde genommen nie das Thema ist, für das sich die Konsumenten tatsächlich interessieren und begeistern. Sie haben so gut wie die ganze Zeit andere Dinge im Kopf und was anderes vor in ihrem Leben. Und trotz allem, was sie sozusagen die ganze Zeit an Informations- und Unterhaltungsmöglichkeiten umgibt, müssen die Werbebotschaften aus Sicht der Unternehmen natürlich auch noch durchdringen zu den Konsumenten, sozusagen gegen deren Willen. Und das ist natürlich eine immer größere Herausforderung geworden in den letzten Jahrzehnten.  

Herr Heubel: Na ja, da gibt es verschiedene Ströme, die wir jetzt gesehen haben, natürlich auch mit der Corona-Pandemie haben wir gesehen, dass Konsumenten sich vielmehr mit den Themen der Nachhaltigkeit auseinandersetzen.  

Sie möchten Produkte kaufen, die sustainable (nachhaltig) sind, also aus Quellen kommen, wo man nachvollziehen kann, welche Rohstoffe genutzt werden und idealerweise dass auch die Hersteller ihre Mitarbeiter gut bezahlen, gerade natürlich auch in softlines, also im Fashionbereich, haben wir das jetzt oft nachvollzogen und hier muss man schon ganz schön aufpassen, da Brands natürlich sehr stark damit auftreten, ihre Marketing-Botschaften eben auch so zu gestalten, dass dieses Fair Trade oder eben auch diese fairen Bedingungen in der Herstellung ganz klar zustande kommen. Und ich glaube, da hat sich das Verhalten von Konsumenten schon noch mal sehr stark verändert, hinsichtlich dessen, dass Kaufentscheidungsprozesse oftmals davon beeinflusst werden, wie größere aber auch eben kleinere Marken sich hier in diesem Bereich positionieren.  

Nochmal zur Wiederholung: Das Verhalten hat sich laut Einschätzung besonders durch die veränderten Umwelteinflüsse gewandelt.  

Welche Herausforderungen entstehen für Werbung und Marketing durch die Veränderungen?  

Frau Baum: Also ich denke, die größte Herausforderung für Marketing und Werbung heutzutage ist nicht das Konsumentenverhalten, sondern eben diese Umstände, diese ständige Informationsüberlastung, unter der alle permanent leiden. Die Herausforderung dabei ist es eben trotzdem durchzudringen. Und das heißt, man muss alle Register ziehen, um aufzufallen und den Leuten eben ins Auge zu fallen. Und es geht eben schon damit los, mit welchen Mitteln zu welchem Zeitpunkt welche Zielgruppe wie gut zu erreichen ist und mit welcher Art und Weise sie sich am ehesten angesprochen fühlen, dass man dann eben auch die richtigen Reize sozusagen dann, da verwendet die, eben die Zielgruppe auch tatsächlich ansprechen. Diese müssen unter Umständen eben schon sehr speziell auf diese Zielgruppe zugeschnitten sein und womöglich auch auf die Situation und dieses Kommunikationsmittel.  

Definition bekannter Werbewirkungsmodelle

Nun gehen wir weiter in die Tiefe der Werbewirkung.  

Hierbei gibt es verschiedenste Modelle, die zur Messung genutzt werden, wie Werbung, ihre Wirkung erreicht. So können, unter anderem Werbeziele begründet und die Werbeerfolge gemessen werden, beschreibt Georg Felser.  

Zu den bekanntesten Werbewirkungsmodellen zählen laut Felser und Klaus Moser, die SR oder SOR-Theorien und das AIDA-Modell.  

Zum Verständnis erläutere ich euch diese Modelle kurz.  

Die SR-Theorien stammen vor allem aus der Konsumentenpsychologie. Das S steht für Stimulus und das R für reaction oder response.  

Der Gedanke bei diesem Modell war die Annahme, dass ein Verhalten von bestimmten Reizen abhängt. In dem Fall geht es allerdings um alle beobachtbaren Reize, die für die Verhaltensforschung infrage kommen.  

Laut dieser Theorie wäre es so, dass Werbung immer ein bestimmtes Verhalten hervorruft. Bei der SOR-Theorie kam zwischen Stimulus und Reaktion noch der Organismus hinzu, da davon ausgegangen wird, dass noch andere innere psychische Prozesse vom Reiz bis hin zur Reaktion existieren.  

Das AIDA-Modell zählt zu den hierarchischen Modellen der Werbewirkung. Es handelt sich dabei um einzelne Stufen, die erreicht werden müssen, um die darauffolgende Stufe anzunehmen. Die Buchstaben AIDA stehen für die einzelnen Elemente einer Abfolge A bedeutet attention (Aufmerksamkeit) also die Reaktion beginnt mit der Aufmerksamkeit. I steht für interest (Interesse), also das Interesse, welches durch die Aufmerksamkeit generiert wurde. D für desire also der Wunsch nach einem Produkt, nach dem Interesse bekundet worden ist. Und zuletzt A für action, wodurch eine Kaufhandlung wirklich abgewickelt wird.  

Unklar beim AIDA-Modell ist allerdings die genaue Bestimmung, ob die Werbung genauso wirkt oder ob Werbung so wirken soll. Denn eine Unterstellung, dass Werbung immer so wirkt, ist relativ unrealistisch.  

Natürlich gibt es noch viele weitere spannende Modelle, welche in dieser Folge nicht alle berücksichtigt und erläutert werden können. Die hier beschriebenen sind bisher die bekanntesten und am häufigsten in der Verwendung.  

Wie kann man Ihrer Meinung nach Menschen von Werbung überzeugen? Also was sind aktivierende Antriebe, Werbewirkungsmodelle, um uns zu erreichen?  

Frau Stamatis: Konsumenten sind Produkten gegenüber meistens nicht besonders aktiviert. Das ist die Aufgabe der Werbung, das Aktivationsniveau zu erhöhen, das funktioniert, wenn Emotionen oder auch Einstellungen und Motive der Konsumenten angesprochen werden. Und Werbewirkungsmodelle befassen sich mit der Frage, wie Werbung ihr eigentliches Ziel erreicht. Einfacher gesagt, wie erfolgreich ist denn eine Werbemaßnahme im Hinblick auf den Umsatz, denn um den geht es ja eigentlich.  

Ein eher einfaches Werbewirkungsmodell sind beispielsweise die SR-Theorien und SR steht hier für Stimulus und reaction oder Reaktion. Die Idee ist dabei, was ein Verhalten einfach von bestimmten Reizen oder bzw. Reaktionen abhängt. Dieses Verhalten kann man laut dieser Theorie vorhersagen, wenn man weiß, von welchen Reizen es abhängt. Was sich zwischen Stimulus und Reaktionen abspielt, wird hier gar nicht berücksichtigt.  

Das ist auch gleichzeitig der Kritikpunkt dieser Theorien.  

Neben solchen klassischen Werbewirkungsmodellen gibt es auch andere Modelle, die eben Werbewirkung durch ein hierarchisches Konzept erklären. Beispielsweise ist da ein sehr bekanntes Modell das AIDA-Modell, also AIDA wie das Schiff. Hier werden unterschiedliche Stufen oder Ebenen durchlaufen. Nämlich attention, interest, desire und action. Attention, das heißt die Reaktion auf ein Produkt beginnt ja erst mal mit der Aufmerksamkeit. Interest, erst wenn ich aufmerksam reagiert habe, kann sich ja überhaupt mein Interesse für ein Produkt entwickeln. Und dann desire, es entsteht dann eben ein Kaufwunsch, und zwar bevor es zur Action, also zur Konsumhandlung, zum Kauf des Produktes kommt.  

Und diese vier Stufen sind eigentlich relativ nachvollziehbar und auch eingängig. Unklar ist aber hier bei diesem Modell die Frage, wie die Werbung wirkt oder eher, wie sie wirken soll. Und das, was eben das Modell unterstellt ist, dass die Werbung immer auf die gleiche Art und Weise wirkt. Und das ist eben in meinen Augen nicht so realistisch.  

Also man kann eigentlich sagen, dass trotzdem die Stufenmodelle bis heute eine sehr wichtige Rolle spielen für Verhaltensforscher, auch in der Praxis werden sie noch angewandt, in der Werbepraxis ist es allerdings so, dass der Fokus eher auf den beiden ersten Stufen liegt, also attention und interest. Wichtig ist es ja, Aufmerksamkeit zu schaffen.  

Welches Werbewirkungsmodell halten Sie für das sinnvollste?

Frau Stamatis: Das kann man pauschal so gar nicht beantworten. Die meisten Modelle haben nicht nur Vor-, sondern auch Nachteile.  

Ich kann dazu sagen, dass es neuere Modelle gibt, wie zum Beispiel das GM-Modell. Und die sehen Produkterfahrung zum ersten Mal als sehr wichtig und eben bei der Produkterfahrung eine zentrale Bedeutung für die Werbewirkung. Also habe ich Erfahrung mit einem Produkt oder nicht. Und bei diesem Modell spielen auch emotionale Reaktion, also affektive Reaktionen, eine wichtige Rolle und diesen Ansatz halte ich für sinnvoll.  

Ich finde allgemein Modelle gut, die nicht wie beim AIDA-Modell eben alle Stufen oder alle Phasen durchlaufen müssen, um Werbung wirkungsvoll zu gestalten. So ein Modell ist beispielsweise auch das Fünf Effekte Modell von Rossiter und Percy. Und dieses Modell sieht die Werbung als Form der Kommunikation mit dem Kunden. Das Modell postuliert auch Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit es eben zum Kauf oder Kaufhandlung kommt. Diese Ansätze, die ich jetzt genannt habe, sind einfach dynamischer und nicht so linear, wie das vorhin, erläuterte AIDA-Modell.  

Angesprochen wird hier von Frau Stamatis das PEM-Modell, welches perception, experience und memory bedeutet. Es gilt als hierarchieloses Wirkungsmodell von Hall, welches nach Siegler Schmidt 2008 die zentrale Bedeutung von Produkterfahrungen berücksichtigt.  

Nun erläutert uns Frau Baum das für Sie sinnvollste Werbewirkungsmodell.

Frau Baum: Besonders gut finde ich das Werbewirkungsmodell Modell der Werbewirkungspfade von Werner Kroeber-Riel und das ist besonders interessant, weil es zulässt, dass verschiedene Werbungen auch verschiedene Wirkungen erzeugen und es eben nicht alle Werbemaßnahmen über einen Kamm schert.  

Je nachdem, um was für eine Werbung es sich handelt, kann das im Kopf des Konsumenten eine andere Wirkung erzeugen.  

Frau Baum nennt uns hierbei das Modell der Werbewirkungspfade von Kroeber-Riel 2019, welches besonders häufig im Online-Marketing Anwendung findet, da es im Gegensatz zum AIDA-Modell auch die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Stufen betrachtet. Die Wirkungspfade beschreiben dabei den Weg vom ersten Werbekontakt bis hin zum Verhalten des Konsumenten.  

In Zukunft wird es aufgrund von Digitalisierung und Diversity, also Vielfalt immer wichtiger, Werbung gezielt und richtig zu gestalten. Dabei eignen sich verschiedene Theorien und Modelle der Werbewirkung.  

Welches Werbewirkungsmodell die beste Wahl ist, bleibt bestritten. Da alle Modelle, ihre Vor- und Nachteile haben. Zuletzt auf die Theorie bezogen. 

Kann man mit Werbepsychologie nach wie vor das Konsumentenverhalten beeinflussen?  

Frau Stamatis: Ja natürlich. Ich denke, Werbepsychologie ist nach wie vor ein sehr wichtiger Forschungsbereich. Und wie schon angedeutet, es gibt sehr viele psychologische Einflussfaktoren, die eben auf den Konsumenten und auf seine Entscheidungen wirken.  

Auch die individuelle Situation und auch die Persönlichkeit des Käufers spielt auch eine große Rolle in meinen Augen. Mit diesem Wissen, was man dann hat, kann man gezielt Marketingmaßnahmen entwickeln und die erhöhen hoffentlich oder wahrscheinlich die Kaufentscheidung auch bei unentschlossenen Konsumenten beispielsweise.  

Frau Baum: Ja, natürlich. Ich denke, das hat sich nicht grundsätzlich geändert. Das wird manchmal überschätzt, wie sehr sich die Psyche oder psychologische Zusammenhänge denn ändern können. Da wird auch manchmal vermutet, dass unsere Umwelt gewissen Einfluss darauf hat, wie unsere Psyche funktioniert. Dem ist nicht so, die psychologischen Erkenntnisse, die gelten immer noch und die werden wahrscheinlich auch in 100 Jahren noch gelten. Die haben sich jetzt nicht grundlegend geändert dadurch, dass sich unsere Umwelt geändert hat oder die Art der Werbung oder so dadurch, dass noch weitere Kommunikationskanäle dazugekommen sind. Dadurch ändern sich nicht die psychologischen Prinzipien, die gelten nach wie vor. 

Verabschiedung

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei meinen Experten:innen, für ihre Zeit und Unterstützung wertvolle Inhalte an Euch, liebe Zuhörer:innen zu vermitteln.  

Ich hoffe, ich konnte allen Studierenden auch eine theoretische Ergänzung zum Studiengang Online-Marketing geben. Da Werbepsychologie auch darin eine sehr bedeutsame Rolle spielt.  

Ich danke Dir, liebe Zuhörerinnen, lieber Zuhörer für Deine Aufmerksamkeit und ich hoffe Dich in der nächsten Folge Werbepsychologie ,,Es geht in die Praxis‘‘ erneut begrüßen zu dürfen. 

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